Die Häuser denen, die darin wohnen!

13.11.20 – von Andreas Otto –

So titelten Hausbesetzer in den 70er Jahren in Westberlin. Bis heute ist dieser griffige Slogan in vielfältiger Weise Programm und Lebenseinstellung. Von den ersten Häusern in Kreuzberg gingen etliche in Genossenschaften oder auch Wohneigentümergemeinschaften (WEG) über. Mit dem Mietshäusersyndikat oder der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sind in den vergangenen Jahrzehnten weitere rechtliche Konstruktionen dazu gekommen.

Daneben wird aktuell die Verstaatlichung von Wohnungsbeständen unter dem Slogan diskutiert. Das unterstellt, dass alle Wohnungen, die dem Land Berlin gehören und von den großen kommunalen Gesellschaften verwaltet werden, gemeinsames Eigentum aller BürgerInnen des Landes Berlin und damit auch der Bewohnerschaft sind. Die Koalition hat sich vorgenommen, die Zahl der landeseigenen Wohnungen absehbar auf 400.000 zu erhöhen. Durch Neubau und durch Ankauf, nicht durch Enteignung.

Doch die landeseigenen Gesellschaften können nur eine Säule der Wohnungsversorgung sein. Daneben steht die große Säule mit jenen, die Ihr Wohnschicksal in die eigenen Hände nehmen. Ob als Genossenschaft, Baugruppe, Mietshäusersyndikat oder Wohneigentümergemeinschaft. Sie alle gilt es zu ermutigen und zu unterstützen.

Immer wenn ein Haus in einem sogenannten Milieuschutzgebiet an große Wohnungskonzerne verkauft wird, wie jetzt an Heimstaden, kann das Bezirksamt eingreifen, sofern die Neueigentümer die sozialen Ziele Berlins nicht mittragen wollen. In diversen Einzelfällen konnten solche Häuser zugunsten von Landesgesellschaften oder Genossenschaften per Vorkaufsrecht erworben werden.

Wie das genau funktioniert, steht in dieser sehr informativen Broschüre des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg: https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/aktuelles/bezirksticker/2020/neue-broschuere-zum-vorkaufsrecht-944154.php
Doch der Eingriff des Bezirksamtes ist immer unter Zeitdruck und gelingt auch nur in begrenztem Umfang.

 

Wir kaufen unser Haus

Der bessere Weg ist es, als Bewohnerschaft sehr viel früher aktiv zu werden mit dem Ziel, das bewohnte Gebäude in sichere Hände und eine langfristige Perspektive zu bringen. Insbesondere dann, wenn ein Haus natürlichen Personen gehört, Menschen zu denen Sie einen Zugang finden können, lohnt sich das Gespräch und die Vernetzung mit anderen MieterInnen im Haus. Nehmen Sie Kontakt zu Genossenschaften auf, die als Erwerberin infrage kommen oder gründen Sie eine neue. Dafür gibt es Fördermittel. Trotzdem muss ein Haus auch bezahlt werden. Die Kaufpreise sind stark gestiegen. Eventuell ist es sogar zu teuer. Das kann man aber nur herausfinden, wenn man die eigenen Möglichkeiten sorgsam geprüft und sich in der Hausgemeinschaft beraten hat.

 

Das Mietrecht bleibt immer

Wenn es nicht gelingt, das Haus in die eigenen Hände zu nehmen, dann bleibt immer die Sicherheit des Mietrechtes. Kauf bricht nicht Miete und mit dem Mietendeckel hat die Koalition für eine Atempause bei der Mietenentwicklung in Berlin gesorgt. Diese Pause soll für Neubau und den Ankauf von Wohnhäusern genutzt werden. Es wäre gut, wenn darüber in möglichst vielen Wohngemeinschaften selbst nachgedacht und diskutiert wird.

Wenn Sie Rat brauchen, wenden Sie sich gerne an mich.

 

Im April 2020 konnte das Haus Stargarder 67/Lychener 65 in Genossenschaftsbesitz zu überführt werden. Die Mieter_Innen waren schon vor dem Verkauf des Hauses aktiv geworden, so dass sie gut organisiert waren, als das Haus dann tatsächlich verkauft wurde.

Bericht dazu in der Berliner Woche vom 02.05.20

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