Wohnungsbau ist wichtig. Aber hilft das Schneller-Bauen-Gesetz dabei?

05.12.24 – von Andreas Otto –

Wohnungsbau ist wichtig. Auch für unsere Fraktion. Wir wollen, dass neue Wohnungen entstehen, dass Quartiere entwickelt werden, mit neuen Wohnungen, Infrastruktur, Gewerbe und mit Natur.

Hilft das Gesetzt dabei? Da gibt es erhebliche Zweifel und deshalb werden wir nicht zustimmen können.

Wir sehen zwei große Probleme: Das erste ist, dass dieses Gesetz eine Misstrauenserklärung ist gegenüber den Bezirken. Misstrauen gegen über den Baugenehmigungsbehörden in den Bezirken und den Leuten dort, die ja die ganze Arbeit machen bei den Genehmigungsverfahren.

Der zweite Grund ist, dass der Natur- Umwelt- und Artenschutz hinten an gestellt wird. Wir müssen etwas tun für den Klimaschutz. Das bedeutet auch, mit Umwelt und Natur pfleglich umzugehen. Es wird natürlich  Boden neu versiegelt, wenn neue Quartiere entstehen. Wir haben uns aber vorgenommen eine Netto-Null-Neuversiegelung. Das bedeutet, wenn versiegelt wird, muss auch entsiegelt werden, es muss höher gebaut und es müssen mehr Freiflächen gelassen werden.
Mit dem was die Regierungskoalition mit dem Wald- und mit dem Naturschutz macht im Schneller-Bauen-Gesetz, wird der Natur- und Umweltschutz schwerer. Das Gesetzt sieht mehr und leichtere Eingriffe vor und verabschiedet im Prinzip die Ausgleichsmaßnahmen. Das deutet darauf hin, dass Natur und Umwelt zum Gegner erklärt werden. Das können wir nicht mittragen.

Wenn es nicht gut läuft mit den Genehmigungsprozessen, dann gibt es dafür verschiedene Ursachen. Was müsste man denn eigentlich machen? Wie kommt man zu einer einheitlichen Genehmigungspraxis für ganz Berlin? Sicher nicht dadurch, dass Herr Gaebler alle Genehmigungen selber ausstellt, sondern durch Handreichungen und Richtlinien des Senats an die Bezirke.

Sie beschäftigen sich in ihrem Schneller-Bauen-Gesetz überhaupt nicht damit, wie die Arbeit erledigt werden soll. Werfen wir auch einen Blick auf die Frage der Digitalisierung als Möglichkeit, Personal zu sparen. Wir haben zu wenig Personal und wir haben noch eine Pensionierungswelle vor uns. Die Antwort auf meine Anfrage zum Stand der Automatisierung von Genehmigungsverfahren lautet, in den bauaufsichtlichen Verfahren werden keine automatisierten Prozesse eingesetzt. In Hamburg laufen Baugenehmigungsverfahren auch da nicht ideal, aber doch besser als in Berlin. Dort heißt das Bauantrag 2.0.

Wir nehmen das Schneller-Bauen-Gesetz nicht als Vorgriff auf die Verwaltungsreform wahr, sondern als deren Konterkarierung. Die Verwaltungsreform hat die Aufgabe, Zuständigkeiten zu klären. Der Senat ist zuständig für übergeordnete Aufgaben. Das bedeutet nicht, er soll den Bezirken jedes kleine Projekt wegnehmen. Wir sehen da eher ein Chaos und werden prüfen lassen, ob das verfassungsrechtlich überhaupt möglich ist.

Einige kleine Lichtblicke gibt es aber auch. Genannt wurde, dass Aufstockung nicht mehr zur Einstufung in neue Gebäudeklasse führt. Das hatten wir schon für die letzte Novelle der Bauordnung vorgeschlagen. Wir freuen uns, dass das aufgegriffen wurde.

Um schneller zu bauen, brauchen wir klare Regeln und nicht Fristverkürzungen. Projekte werden aufgegeben, weil die Regelungen sich wiedersprechen und nicht weil die Genehmigungsfristen zu lang sind. Dafür brauchen wir Lösungen.

Es wurde nie evaluiert, was die Abschaffung des Schlußpunktverfahrens in 2005 gebracht hat. Das Schneller-Bauen-Gesetz sollte evaluiert werden nach einem Jahr. Und dann muss man gucken, wie Bauen in Berlin wirklich einfacher, schneller und besser gehen kann. Mit diesem Gesetz sehe ich das nicht.

 

 

Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für Bauvorhaben (Senat)

"Grüne blasen zum letzten Angriff auf Berliner Bau-Turbo" - Artikel in der Morgenpost vom 04.12.2024

Kategorie

Baupolitik | im Parlament | Reden

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