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04.12.24 –
Der Senat legt den Turbo ein, aber die Reifen sind platt. Das Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für Bauvorhaben (Schneller-Bauen-Gesetz – SBG) wird seinem Namen nicht gerecht. Es ist zu befürchten, dass statt Verfahren effizienter zu machen, sich die bestehenden Probleme sogar noch verstärken.
Klare Aufgabenteilung und Zuständigkeiten wären wichtig. Für die Stadt bedeutet das, der Senat sollte die übergeordnete, gesamtstädtische Planung machen (Landesentwicklungsplan Metropolregion, Flächennutzungsplan, Baunutzungsplan, Stadtentwicklungspläne, Leitbilder) und die Bezirken mit einer einheitlichen Praxis in der Bauleitplanung und dem Genehmigungswesen anleiten.
Stattdessen steht im Schneller Bauen Gesetzt, der Senat kann Bauvorhaben ab 50 Wohneinheiten, also einzelne Häuser, zur gesamtstädtischen Bedeutung erklären, um das Bauvorhaben selbst zu bearbeiten. Davon, dass es jetzt schon zu wenig qualifizierte Mitarbeiter in der Verwaltung gibt, oder das die Digitalisierung nicht vorankommt, ist im Gesetz keine Rede.
Dafür wird gestrichen bei der Sicherstellung von Natur- und Artenschutz. Statt diesen von vornherein in die Planungen zu integrieren, nimmt man mit dem Schneller Bauen Gesetz in Kauf, dass die Beachtung bestehender gesetzlicher Regelungen nach Baubeginn eigeklagt werden wird.
Wir wollen, dass schneller genehmigt und dann auch fertig gebaut werden kann - durch bessere Planung, Abbau von Doppelstrukturen, Bündelung der Baugenehmigungsverfahren vor Baubeginn bei den Bezirksämtern.
Wir wollen nicht einfach mehr Baustellen eröffnen, sondern Neubau, der den Anforderungen an Klimawandel gerecht wird und bezahlbar ist. Etwas, dass in anderen Städten auch möglich ist.
Das schwarz-rote Schneller-Bauen-Gesetz geht am Problem vorbei: Massive Lücken und mehr Doppelstrukturen
Das sogenannte Schneller-Bauen-Gesetz des Senats wird seinem Namen nicht ansatzweise gerecht. Es wird weder zu schnellerem bauen führen noch Prozesse klarer und einfacher machen. Im Gegenteil, das Ping-Pong zwischen Land und Bund wird so noch mehr in Gesetz gegossen. Es ist getragen von Misstrauen gegenüber den Bezirken und setzt nicht auf klare Aufgabenverteilung, sondern auf ein Eingriffsrecht als Strafe, sollten die Bezirke nicht exakt das tun, was das Land will. Und das schon in kleinsten Einheiten (ab 50 Wohnungen) und ohne wirklich die personellen Ressourcen auf Landesebene zu haben.
Statt sich um die großen Bauprojekte zu kümmern, verliert sich den Senat im Klein-Klein und geht zudem die entscheidenden Probleme nicht an.
Das für eine Beschleunigung von Anträgen und Verfahren wichtige Thema der Digitalisierung wird sogar weitestgehend ausgespart. Dabei liegen gerade hier die Hebel, um wirklich für Beschleunigung und effizienten Ressourceneinsatz zu sorgen.
Die Strukturen und die Planungs- und Genehmigungsprozesse werden nicht modernisiert, sondern durch die neuen Eingriffsrechte bzw. Übernahmerechte der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung komplizierter.
Auch beim Thema Personalmangel, das einer schnellen Bearbeitung im Wege steht, liefert Schwarz-Rot keine Antworten. Stattdessen plant der Senat neue Doppelstrukturen, was höheren Personalbedarf bedeutet und gerade bei den Bezirken zu großen Problemen auch bei den jetzt noch gut laufenden Projekten zur Folge haben wird.
Damit steht das Gesetz im Konflikt zum parteiübergreifenden Prozess einer Verwaltungstransformation, bei der die Zuständigkeiten zwischen Bezirken und Land nach inhaltlich logischen Kriterien klar geordnet und ein Mikromanagement durch einen sich verzettelnden Senat verhindert werden soll.
Ein Beispiel dafür, wie das sogenannte Schneller-Bauen-Gesetz die Verwaltungsreform konterkariert, ist die Änderung des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes. Dort soll im §13a eingefügt werden, dass der Senat bei Wohnungsbauvorhaben ab 50 Wohnungen eingreifen und die Genehmigung statt des Bezirksamtes selbst übernehmen kann. Neben der Annahme, dass damit ein Kompetenz-Wirrwarr entsteht, stellt sich die Frage, ob die Aufgabenverteilung zwischen Bezirken und Hauptverwaltung, wie sie in Artikel 66 und 67 der Verfassung von Berlin niedergelegt ist, damit nicht verletzt wird. Ein gesamtstädtisches Interesse bereits bei kleinen Vorhaben ab 50 Wohnungen (das kann ein einzelnes Gebäude sein) anzunehmen, dürfte kaum dem Gedanken aus der Verfassung entsprechen.
Wir werden daher die Verfassungsmäßigkeit prüfen und beim Vorliegen der Voraussetzungen für eine diesbezügliche Normenkontrollklage eine gerichtliche Überprüfung einleiten.
Wenn dazu der Senat nicht parallel eigenes Personal aufbaut, wird er für eine Genehmigung wieder auf das Personal der Bezirke zurückgreifen müssen. So wird es entweder weiteres Ping-Pong oder viele unbesetzte Stellen geben – beides wird zu längeren Bearbeitungszeiten und damit Bauverzögerungen führen.
Wir kritisieren zudem, dass das Gesetz ökologische Standards herabsetzt und den Klimaschutz in der Stadt schwächt. Darüber hinaus werden Beteiligungsmöglichkeiten eingeschränkt und die Frist für Stellungnahmen verkürzt. Wir schließen uns der Kritik vieler Verbände – von der Architektenkammer über den NABU bis zum BUND – an und lehnen das Gesetzesvorhaben in dieser Form ab.
Als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen setzen wir uns für eine ökologisch-soziale Bau- und Wohnungspolitik in Berlin ein. Dazu gehört insbesondere die Stärkung des Wohnungsneubaus durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und gemeinwohlorientierte Akteure.
Wir wollen, dass mehr neue Wohnungen entstehen, die den Anforderungen des Klimawandels und des Naturschutzes entsprechen und insbesondere auch für Haushalte mit wenig Geld zur Verfügung stehen.
Rahmenbedingungen sowie Aufgabenteilung zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen und den Bezirken
Die Planungs- und Genehmigungsbehörden im Land Berlin stehen vor großen Aufgaben. Der Wohnungsbau sowie der Umbau von z.B. leerstehenden Büros zu Wohnungen soll deutlich gestärkt werden. Doch Wohnungen allein sind noch keine Stadt. Genauso steht Berlin vor der Aufgabe, Gewerbe, Dienstleistungen, Handel, soziale und kulturelle Infrastruktur, Grün- und Sportflächen sowie Verkehrsanlagen zu entwickeln. Als besondere Herausforderung müssen alle baulichen Anlagen und Quartiere an den Klimawandel angepasst werden und Aufgaben des Klimaschutzes übernehmen.
Die Rahmenbedingungen für die Herausforderungen an die öffentliche Verwaltung sind gekennzeichnet durch fehlendes Personal, den Generationenwechsel und einen unzureichenden Stand bei der Digitalisierung der Prozesse innerhalb der Verwaltung. Des Weiteren führt die unterschiedliche finanzielle Entlohnung von Bezirks- gegenüber Landespersonal zu einer Ausdünnung der bezirklichen Ämter. Es ist davon auszugehen, dass die Umsetzung der geplanten Maßnahmen des Schneller-Bauen-Gesetzes diesen Trend weiter verschärfen wird, da die Senatsverwaltungen für die ihnen neu zukommenden Aufgaben qualifiziertes Personal absehbar aus den Bezirken abwerben werden.
Insbesondere lässt die Vorlage eine übergeordnete Einbindung in die sonstigen Vorhaben des Landes vermissen. Für die Bezirke ist eine effiziente Steuerung durch die Senatsverwaltungen erforderlich, z.B. eine frühzeitige Abstimmung zwischen SenSBW und SenMVKU zu verkehrlichen Erschließungen schon vor Beginn des Bauvorhabens, zur Wärmeplanung und zum Erreichen der Klimaneutralität. Die alleinige Beschleunigung des Wohnungsbaus ohne die Berücksichtigung der weiteren Ziele und ohne übergreifende Steuerung führt gerade nicht zu mehr Geschwindigkeit.
Wesentliche Hemmnisse für Wohnungsbauvorhaben wie
Share Deals,
fehlende oder ungeeignete Instrumente,
sichere gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der Mietenentwicklung auch in Bestandsgebäuden,
starke Prägung des Wohnungsmarkts durch teure lukrative neu gebaute Mikroappartements,
unklare gesetzliche Regelungen für Wohnen auf Zeit, mit dem die Einhaltung des Mietspiegels unterlaufen und das Mietniveau weiter angehoben wird,
und weiteres stehen nicht im Fokus des Schneller-Bauen-Gesetzes. Auch die erheblichen Potenziale bei den Bestandswohnungen wurden im Gesetzentwurf leider nicht betrachtet.
Der laufende Prozess der Verwaltungsmodernisierung hat richtigerweise das Ziel, eine klare und effiziente Aufgabenverteilung zwischen den Senatsverwaltungen, den Landesämtern und den Bezirken herzustellen. Denn die Verwaltung in Berlin leidet oft daran, dass die Aufgaben nicht klar genug zugewiesen sind und Landes- und Bezirksebene zum Teil dieselben Vorgänge bearbeiten und Doppelzuständigkeiten bestehen. Ein so umfassender Gesetzgebungsprozess wie der zum Schneller-Bauen-Gesetz darf diesem wichtigen Reformprojekt Berlins nicht entgegenstehen und dem widersprechende Logiken einführen. Die Haushaltslage ist sehr angespannt und zwingt Parlament und Verwaltung zu einer Überprüfung aller Prozesse hinsichtlich ihrer Stringenz, Zielorientiertheit und Kostenwirkung.
Grüne Forderungen:
1. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (SenSBW) soll die gesamtstädtische Steuerung übernehmen, anstatt sich im Mikromanagement zu verlieren. Dabei gilt das Subsidiaritätsprinzip: Aufgaben werden auf nachgeordneter Ebene erledigt, während die Senatsverwaltung primär die Steuerung übernimmt und gegebenenfalls helfend eingreift. Dies umfasst die Betreuung übergeordneter Planwerke durch SenSBW, wie etwa Landesentwicklungsplan Metropolregion, Gemeinsame Landesplanung, Flächennutzungsplan, Baunutzungsplan, Stadtentwicklungspläne, Leitbilder (wie z.B. Hochhausleitbild oder Planwerk Innere Stadt), BerlinStrategie, Koordinierungsplanung.
2. Als zweite wichtige Aufgabe für SenSBW steht die Anleitung der bezirklichen Behörden im Sinne einer einheitlichen Praxis in der Bauleitplanung und dem Genehmigungswesen. Das kann durch entsprechende Vorgaben geschehen. Im Ergebnis würde die Senatsverwaltung die landesweit gültigen Planwerke bearbeiten, während die Bezirke Bebauungspläne und Baugenehmigungen übernehmen würden.
3. Für besonders wichtige oder umfangreiche Projekte bietet sich an, dass die Senatsverwaltung Zielvereinbarungen mit den Bezirken trifft. Das schließt die Bereitstellung von zusätzlichen Budgets und personellen Ressourcen ein.
Mit Digitalisierung Chaos durch Fachkräftemangel verhindern
Planungs- und Genehmigungsprozesse müssen modelliert und dringend schneller digitalisiert sowiein Teilen automatisiert werden. Hier liegt eine große Chance, Prozesse zu beschleunigen. Auch könnte so Personal auf Dauer effektiver eingesetzt und sogar eingespart werden, statt mit immer mehr personalintensiven Ping-Pong-Prozessen in Zeiten des Fachkräftemangels die Verwaltung unnütz auszubauen. Vorsichtige erste Anfänge sind mit dem elektronischen Bau- und Genehmigungsverfahren gemacht. Allerdings wird bei diesem Verfahren auch deutlich, wie schwerfällig und lückenhaft die Einführung digitaler Verfahren im Land Berlin insgesamt noch ist. Leider erlaubt das Verfahren immer noch keine vollständige digitale Bearbeitung. Die Doppelstruktur aus analoger und digitaler Bauantragsbearbeitung muss endlich ein Ende haben! Damit wäre eine deutliche Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren im gesamten Land Berlin möglich.
Grüne Forderungen:
Für die Aufgaben der Stadtentwicklung müssen zentrale und einheitliche digitale Fachverfahren bereitgestellt und kontinuierlich weiterentwickelt werden, um die medienbruchfreie digitale Bearbeitung von Vorgängen und Planungen betreiben zu können. Mit den Fachverfahren eBG, eDG, DiPlan (Bebauungsplanung) sind erste Verfahren eingeführt bzw. angekündigt. Das essentielle Fachverfahren für die Beschleunigung von Bauvorhaben ist das eBG. Als eines der ersten digitalen Verfahren Ende der 2000er Jahren gestartet, erlaubt das Programm leider bis dato keine vollständige digitale Bearbeitung.
Im Detail zeigt sich dies u.a. in folgenden Punkten:
Keine Kompatibilität zur E-Akte und zum BeBpo (Besonderes Behördenpostfach),
mangelnde Kompatibilität eBG intern z.B. mit dem eDG,
keine Möglichkeit elektronischer Signaturen für alle Verfahren des Stadtentwicklungsamtes (z.B. zur Zustellung nach Genehmigungsfiktion, Erstellung von digitalen Verfügungen).
In Hamburg können z. B. durch eine zentrale E-Akte ab 01.01.2024 alle beteiligten Behörden elektronisch auf Bauantragsvorgänge zugreifen und die nötigen Schritte im Genehmigungsverfahren direkt digital bearbeiten (https://hamburg-business.com/de/news/bauantragsverfahren-hamburg-wird-digitalisiert). Daran gilt es sich ein Vorbild zu nehmen.
Natur- und Artenschutz
Der Entwurf des Schneller-Bauen-Gesetzes stellt den Natur- und Artenschutz hinter Bauvorhaben zurück. Das Gesetzesvorhaben steht im Widerspruch zu natur- und klimaschutzpolitischen Zielen Berlins sowie zur EU- und Bundesgesetzgebung. Es führt zu Rechtsunsicherheit, was den Bau nicht beschleunigt, sondern eher verzögert.
Die Änderungen betreffen insbesondere das Berliner Naturschutzgesetz (NatSchG Bln), das Landeswaldgesetz (LWaldG), das Berliner Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG-Bln) und die Baumschutzverordnung (BaumSchVO). Die gesetzlich festgeschriebene Mitwirkung von Naturschutzverbänden wird eingeschränkt.Anstelle eines verbindlichen Einvernehmens soll künftig lediglich ein „Benehmen“ mit den Naturschutzbehörden erforderlich sein, wodurch ihre Rolle deutlich geschwächt wird. Zudem wird die zweijährige Frist für Ersatzmaßnahmen aufgehoben, was die ohnehin unzureichende Kontrolle der Umsetzung zusätzlich erschwert. Gesetzlich geschützte Biotope können im Zweifel ihren Schutzstatus verlieren, Wald und Ökosysteme verschwinden.
Das alles wird unter dem Vorwand vorgebracht, neue Flächen für den Wohnungsbau zu schaffen. Es wird behauptet, im Sinne des öffentlichen Interesses zu handeln. In Wirklichkeit jedoch werden unterschiedliche Interessen gegeneinander ausgespielt, wobei der Schutz und Erhalt von Grünflächen, Wäldern und Naturräumen als nachrangig betrachtet wird. Das Schneller-Bauen-Gesetz beruht auf der fehlerhaften Annahme, der Natur- und Artenschutz sei ein Hemmschuh für den Wohnungsbau. Allerdings wird keine belastbare Datengrundlage vorgelegt, die diese These stützt.
Das Gegenteil ist aber richtig: Das Grau muss dem Grün weichen. Und wenn das Grau in der Stadt wächst, muss das Grün desto mehr wachsen.
Grünflächen sollen nicht leichtfertig zu Bauland erklärt werden.
Biotope, Wälder und einzelne Bäume sind höchst schützenswert.
Umweltverträglichkeitsprüfungen haben ihre Berechtigung.
Die Expertise der unteren Naturschutzbehörden und der Verbände ist vollumfänglich zu nutzen.
Ersatzmaßnahmen müssen innerhalb einer bestimmten Frist in räumlichen Grenzen vorgenommen werden, ansonsten sind sie für die Stadtnatur sinnlos. Das gesamtstädtische Management dafür muss verbessert werden.
Der Bedarf an Ersatzmaßnahmen muss zu Beginn der Planungen festgestellt werden.
Nur dann werden Verzögerungen minimiert.
Aus dem Vorgang des Projektes Pankower Tor lässt sich lernen, wie Projekte stagnieren, wenn sie ohne Rücksicht auf Artenschutz geplant werden. Andere Städte weltweit machen es längst vor, nur der schwarz-rote Senat scheint bautechnisch noch in den 1960-ern hängen geblieben zu sein und träumt von einer Stadt-der-Steine. Wir brauchen aber den Erhalt undAusbau der grünen und der blauen Infrastruktur in der Stadt, damit Berlin nicht heißer, sondern lebenswerter wird.
Positiv zu bewerten ist die Aufnahme des Artenschutzes in das Prüfprogramm von § 63 BauOBln. Häufig ist festzustellen, dass der Artenschutz erst ganz am Ende eines Verfahrens geprüft wird und dann Kartierungen usw. notwendig werden, die dann das Bauen um ggf. mehrere Monate verzögern.
Städtebau: Doppelstrukturen beenden und Probleme frühzeitig angehen
Was wir heute bauen, wird das Bild der Stadt für die nächsten Jahrzehnte prägen. Daher ist es wichtig, dass wir nicht nur schnell, sondern auch gut bauen. Denn die Menschen in Berlin müssen mit dem und in dem leben, was wir jetzt schaffen. Deshalb muss ein Bauen, das die Klimaveränderungen mit in den Blick nimmt, kein Luxus, sondern zentraler Baustein sein. Wenn wir heute nicht klug planen, schaffen wir mit ansteigenden Temperaturen die Hitzeinseln von morgen, in denen ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen, Kinder und Schwangere kaum noch leben können. Unwirkliche Betonwüsten hat Berlin schon genug. Wir brauchen mehr Bäume, mehr Versickerungsflächen und mehr Fassadenbegrünung – daher wird auch ein neuer Umgang mit Flächen, Bauprodukten sowie dem Natur- und Artenschutz unumgänglich sein. Die Verwendung von nachwachsenden Baustoffen reduziert den CO2-Ausstoß, vermeidet Sondermüll und macht die Wiederverwendung von Baustoffen leicht. Grundstücke und Gebäude sollen stärker begrünt werden. Statt grüner Freiflächen sollen zuerst bereits versiegelte Flächen genutzt werden. Statt neue Quartiere in die Breite zu bauen, muss angesichts des Ziels, den Flächenverbrauch zu reduzieren, mehr in die Höhe gebaut werden. Auch Aufstockungen können einen wichtigen Beitrag leisten. Die Umnutzung von bestehenden Gebäuden, z.B. leerstehenden Büros, muss vereinfacht werden.
Grüne Forderungen:
Voraussetzungen für Gebäudetyp „E“ schaffen: Damit Architekten einfache konstruktive Lösungen ausprobieren können, soll der Gebäudetyp „E“ eingeführt werden. Dadurch können Lösungen mit weniger technischem Aufwand gefunden werden und damit Baukosten reduziert werden. Z.B. kann dadurch auch die Verwendung von recycelten Materialien ermöglicht werden. Falls Gebäude abgerissen werden, sollen zum Zwecke der Einsparung von Deponieflächen möglichst viele Baumaterialien wiederverwendet oder recycelt werden.
Qualifizierte Freiflächenpläne: Einführung der frühzeitigen Einbeziehung von qualifizierten Freiflächenplänen in die Baugenehmigungsverfahren, um spätere zeit- und kostenaufwendige Umplanungen zu verhindern und damit Genehmigungsprozesse zu beschleunigen.
Bebauungsplanverfahren – Entzerrung von Zuständigkeiten: Allein bei einer reinen Aneinanderreihung der rechtlich notwendigen Verfahrensschritte ohne inhaltliche Arbeitszeiten dauert ein Bebauungsplanverfahren im Land Berlin mindestens zwei Jahre. Die tatsächliche Dauer eines Bebauungsplanverfahrens hängt stets vom Einzelfall ab und variiert auch innerhalb eines Bezirks stark. Die unprognostizierbare Dauer eines Bebauungsplanverfahrens ist in dessen Rechtsnatur verankert. Die Erfahrungen aus den letzten Jahren zeigen: Berlin steht sich oft selbst bei der Realisierung der selbst gesetzten Ziele im Wege. Doppelprüfungen auf Bezirks- und Hauptverwaltungsebene führen zu Doppelarbeit und Verzögerungen. Es muss weiterhin dringend an der Entzerrung von Zuständigkeiten gearbeitet werden. Zudem muss geprüft werden, ob die Abläufe optimiert werden können, z.B. durch eine frühere Rechtsprüfung.
Abschaffung Doppelstrukturen: Keine sinnfreie und systemwidrige Verlagerung von Baugenehmigungs- oder Widerspruchsverfahren, insbesondere in den Bereichen der Bauaufsicht und der Denkmalschutzbehörden. Stattdessen Schaffung klarer Strukturen gemäß des Grundsatzes: Senatszuständigkeit = gesamtstädtische Steuerung, Bezirkszuständigkeit = bezirkliche Steuerung und administrative Aufgaben.
Regulierung Grundstücksmarkt: Die Zahl der erreichbaren Baugenehmigungen und deren Umsetzung hängt in erster Linie von einer ausreichenden Anzahl bauwilliger Antragstellenden ab. Leider hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass Bauen in vielen Fällen weniger wirtschaftlich ist, als erworbene Grundstücke liegen zu lassen und zu einem günstigen Zeitpunkt gewinnbringend zu veräußern. Die Rendite aus Bodenwertsteigerungen war und ist genauso hoch bzw. höher als durch eine Bebauung der Grundstücke. Es ist zunehmend zu Spekulationsgeschäften und dadurch zu einer Verknappung von Bauland gekommen, was ganz wesentlich zu den enorm gestiegenen Baulandpreisen beigetragen hat. Dies erklärt auch den sogenannten „Bauüberhang“, also die zum Teil beachtliche Differenz zwischen erteilten Baugenehmigungen und tatsächlich errichteten Wohnungen.
Genehmigungsverfahren vereinfachen: Die vorgesehen Liberalisierung des Baurechts hat erhebliche Auswirkungen auf die Arbeit der Bauaufsicht. So sollen lediglich Sonderbauten weiterhin im „herkömmlichen“ Baugenehmigungsverfahren (§ 64 BauOBln) behandelt werden. Alle anderen Bauvorhaben hingegen werden im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (§ 63 BauOBln), der Genehmigungsfreistellung (§ 62 BauOBln) oder als verfahrensfreie Vorhaben (§ 61 BauOBln) geführt. Dies ist jeweils mit reduzierten Prüfumfängen durch die Bauaufsicht verbunden und lastet andererseits dem Bauvorlageberechtigten und der Bauherrenschaft als „mündige Bürger*innen“ erhebliche Verantwortung auf und verlagert so die Verantwortung.
Damit Bauherrenschaften beurteilungsfähige Bauantragsunterlagen einreichen können, bedarf es vielerlei Abstimmungen mit verschiedenen Fachämtern. Dies gilt insbesondere für Wohnungsbauvorhaben. Beschleunigt werden die Verfahren dadurch nicht. Es ist erwiesenermaßen außerdem ein Trugschluss, dass ein maximales Outsourcing gleichzusetzen ist mit einer Minimierung des Zeitaufwandes auf der Verwaltungsseite.
Deshalb wollen wir, dass der Prüfumfang im Baugenehmigungsverfahren wieder an relevanten Punkten ausgeweitet wird. Deshalb wollen wir die Bauaufsicht als One-Stop-Agency (wieder) etablieren. Hierfür soll das im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Fachrecht in den Bezirksämtern ausgeweitet werden. Dadurch liegt mehr Verantwortung, aber auch Steuerungsmöglichkeit bei den Bezirken, um Notwendigkeiten oder Fehlplanungen frühzeitig zu erkennen und in beratender Weise tätig zu werden.
Konkret betrifft die Erweiterung des Prüfumfangs: die Anforderungen an die Barrierefreiheit, Zufahrtsgenehmigung/Erschließung, Artenschutz. Die externe Prüfung durch Prüfingenieure bzw. Sachverständige bzgl. Statik, Brandschutz, Wärmeschutz hat sich hingegen bewährt und soll beibehalten werden.
Forderungen nach Gründächern, Fassadenbegrünungen, Photovoltaikanlagen usw. sollten in die Bauordnung aufgenommen werden, dann aber auch präventiv kontrolliert (Nachweis im Baugenehmigungsverfahren) und geprüft werden.
Zwischennutzungen ermöglichen: Aufgrund der Knappheit an für die öffentliche Hand nutzbaren Flächen ist es sinnvoll, Gebäude und/oder Flächen bis zu deren endgültiger Nutzung einer Zwischennutzung, z.B. für kulturelle Zwecke zuzuführen. Oftmals stehen baurechtliche Erwägungen einer Zwischennutzung entgegen. Das deutsche Baurecht kennt keine Zwischennutzungen. Das Land Berlin sollte sich daher gegenüber dem Bundesgesetzgeber für eine Regelung im Baugesetzbuch einsetzen, mit der nach Ermessen im Einzelfall eine Nutzung für 2 Monate bis ca. 2 Jahre ermöglicht werden kann, sofern öffentliche Belange überwiegen.
Mehrfachnutzungen ermöglichen: Fortsetzung der Bemühungen zur Schaffung von politischen und rechtlichen Voraussetzungen für die Mehrfachnutzung von Grundstücken, Flächen und Gebäuden.
Wirtschaftsflächen und Wohnungsbau zusammen denken: Die Konkurrenz von Wirtschaftsflächen und Flächen für den Wohnungsbau ist bekannt. Heranrückende Wohnbebauung bedroht regelmäßig Gewerbeflächen und so auch mittlere und kleine Unternehmen, die für einen funktionierenden Kiez und eine lebenswerte Stadt jedoch nötig sind. Gleichzeitig beobachten wir bei neuen gewerblichen Projekten eine Tendenz zur Stapelung verschiedener Nutzungen im Sinne vertikal integrierter Gewerbegebiete. Im Ergebnis bedeutet das eine höhere Geschossfläche auf der gleichen Grundstücksfläche. Diese typologische Entwicklung sollte genutzt werden. In der Kombination mit Urbanen Gebieten sind hier relevante Potentiale für Wohnungsbau vorhanden, die bisher nicht gehoben werden.
Verkehrssicherheit – die Schwächsten auch an Baustellen schützen statt unreguliertem Wildwuchs
Mit der vorgesehenen Möglichkeit, für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für Baustelleneinrichtungen Genehmigungsfiktionen zu nutzen, befürchten wir eine massive Verschlechterung der Verkehrssicherheit an Baustellen. Sichere Führungen von Rad- und Fußverkehr ist gerade an Baustellen wichtig, um die Schwächsten, wie Schulkinder und Senior*innen zu schützen. Das gelingt nur, wenn entsprechende Auflagen und Anordnungen getroffen werden.
Eine pauschale Genehmigung von Baustellen ohne detaillierte Regelungen für den Einzelfall vor Ort wird der Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer*innen nicht gerecht. Der Verweis auf analoge Regelungen in Bremen geht insofern fehl, dass diese niemals zur Anwendung gekommen sind.
Darüber hinaus ist die pauschale Priorisierung von Sondernutzungsanträgen für Baustellen des Wohnungsbaus gegenüber anderen wichtigen Baustellen nicht angemessen, da damit zu befürchten ist, dass neben dem Wohnungsbau ebenfalls wichtige Bauvorhaben wie barrierefreie Haltestellen, neue Ampelanlagen, sichere Radwege oder sichere Fußwege regelmäßig zurückstehen müssten. Diese einseitige Bevorzugung wird den vielfältigen Herausforderungen der städtebaulichen Entwicklung nicht gerecht.
Ebenso fehlt weiterhin die verbindliche Festlegung auf nachbarschaftliche Vereinbarungen bei Bauvorhaben um kritische Infrastruktur wie U-Bahntunnel vor Schäden zu schützen.
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